Aktuelles

< Deutsche Meisterschaften im Para Tischtennis für Senior*innen
Dienstag, 17.10.23 07:39

Sportschützin Hiltrop mit vier WM-Medaillen - Paris fest im Blick


Sportschützin Natascha Hiltrop vom SV Lengers hat bei den Para-Weltmeisterschaften Mitte September in der peruanischen Hauptstadt Lima gleich vier Medaillen gewonnen. Neben drei Einzelpodestplätzen verteidigte sie in einem umformierten Team auch Gold. Dabei waren die Voraussetzungen für die 31-jährige HBRS-Athletin nicht die besten.

 

Nein, die deutsche Fahne wird Natascha Hiltrop bei ihren dann vierten Olympischen Spielen kommendes Jahr in Paris ziemlich sicher nicht nochmal tragen dürfen. Diese Ehre wurde ihr bereits bei der Abschlussfeier in Tokio 2021 zu teil, nach dem sie das erste deutsche Gold im Sportschießen seit Athen 2004 errang. Im Gespräch mit dem HBRS daran erinnert, geriet die deutsche Topschützin ins Schwärmen und lachte herzhaft. Auch sie weiß natürlich, dass erfolgreiche Athlet:innen in der Regel nur einmal im Leben dafür ausgewählt werden.Geht es nach den Erfolgen hätte es Hiltrop allemal nochmal verdient.

 

Mit gleich vier Podestplätzen und einem vollen Medaillensatz kehrte die Hessin vor wenigen Wochen aus Südamerika zurück. Bei der Para-Weltmeisterschaft im Sportschießen in der peruanischen Hauptstadt Lima gewann sie mit dem deutschen Nationalteam die Goldmedaille im 50-Meter-Mixed-Wettbewerb Sportgewehr liegend mit 1843,7 Ringen vor China mit 1838,0. Dritter wurde Korea mit 1836,3. Hiltrop war an der Titelverteidigung in leicht veränderter Aufstellung mit 625,0 Ringen beteiligt. Hinzu kamen zwei Silber- und eine Bronzemedaille in den Einzel-Wettbewerben.

 

"Es ist sicher einer der erfolgreichsten Wettbewerbe meiner Karriere gewesen. Das kann man schon so sagen", erklärt Hiltrop. Die Titelverteidigung im Team sei ihr sehr wichtig gewesen, da man die Leistung in leicht veränderter Aufstellung wieder abrufen konnte. Die Einzelerfolge bedeuten ihr mindestens genauso viel. "Da ist man auf ich alleine gestellt und muss seine Leistung zeigen", erklärt sie.

 

Im Einzel-Finale über 50 Meter mit dem Sportgewehr (Kleinkaliber) gewann sie mit 248,0:249,3 Ringen die Silbermedaille. Im anspruchsvollen Dreistellungskampf mit dem Sportgewehr reichte es für Bronze. Ihre Vielseitigkeit stellte sie im Zehn-Meter-Mixed-Wettbewerb mit dem Luftgewehr liegend unter Beweis. Hier reichte es erneut für Silber.

 

An der ein oder anderen Stelle habe sie sich tatsächlich etwas mehr erhofft, resümiert sie nun im Interview, sagt aber ebenfalls: "Ich will eigentlich gar nicht meckern, ich kann insgesamt sehr zufrieden sein", erklärt sie mit Blick auf ein etwas reduziertes Trainingsprogramm aus privaten Gründen in der jüngsten Vergangenheit.

 

 

 

Auch der Bundestrainer Rudi Krenn war voll des Lobes. Seine Athletin habe zum wiederholten Mal bei einem internationalen Höhepunkt abgeräumt und ihre Zugehörigkeit zur Weltklasse nachhaltig unterstrichen, betonte er gegenüber der HNA.

 

Dabei waren die Gegebenheiten in Peru alles andere als perfekt. Nach der abendlichen Ankunft in Lima und sieben Stunden Zeitverschiebung standen am kommenden Morgen bereits Training und Waffenkontrolle auf der Agenda.“Der Anfang war etwas chaotisch", sagt Hiltrop. Die Sportstätte an sich sei zwar sehr in Ordnung gewesen. "Leider ging nach einer gewissen Zeit die Abwasserspülung an der Wettkampstätte nicht mehr und auch mit den Rampen für die Rollstuhlfahrer gab es die ersten Tage Probleme. "Da war ich froh, dass ich Fußgängerin bin”, erklärt sie mit Blick auf ihre Behinderung. Hiltrop lebt seit Geburt an mit einer inkomplette Querschnittslähmung. Sie sei nicht so gut zu Fuß und habe Gleichgewichtsprobleme aufgrund von wenig Gefühl in den Füßen.

 

Die größte Problematik bei der Weltmeisterschaft sei das Trinkwasser gewesen. Man sei angewiesen worden, vor Ort kein Trinkwasser zu nutzen."Dafür wurde vom Veranstalter leider ziemlich wenig Wasser zur  Verfügung gestellt. Das war nicht gut", sagt Hiltrop klar. Bei Temperaturen leicht über 20 Grad sei es sehr schwül gewesen.

 

Die Erfahrung von mehreren Welt-, Europameisterschaften und Paralympischen Spielen hätten ihr vor Ort geholfen - sie sei ruhiggeblieben. “Nervös war ich nicht mehr, weil ich es ja schon längere  Zeitmache und weiß, dass ich es eigentlich gut kann. Das hilft natürlich undgibt Selbstvertrauen", sagt sie schmunzelnd.

 

Nach dem reduzierten Trainingspensum möchte Natascha Hiltrop nunschauen, dass sie mit Blick auf Paris 2024 den Rückstand und dasTrainingspensum wieder etwas aufhole. Das wird sie weiter für ihrenHeimatverein SV Lengers im HBRS tun. Hiltrop aber lebt seit 2018 in derNähe von Wiesbaden. Dort absolviert sie in der SportfördergruppeVerwaltung des Landes Hessen ein duales Studium. Für die Unterstützung sei sie dankbar.

 

"Es ist ein guter Kompromiss und eine gute Unterstützung mit Blick aufmeine Zukunft. Trotzdem ist es sehr anspruchsvoll als duales Studium.Ich muss, wie jeder andere auch, alle Prüfungen bestehen", erklärt die Leistungssportlerin. Sie habe zwar anderthalb Jahre länger Zeit. "Abergut sein, will ich ja trotzdem - deswegen geht da schon viel Zeit für weg", berichtet sie. Mit Blick auf ihre Finalgegnerinnen sei zudem klar,das da schon einige Profis mitschießen und die Voraussetzungen doch sehrunterschiedlich seien.

 

Hiltrop hält dagegen mit Schusstraining nach der Arbeit. "Wir treffen uns zudem jedes zweites Wochenende mit dem Kader zu Lehrgängen in Wiesbaden oder Suhl am Bundestützpunkt vom deutschen Schützenbund und am Landesleistungszentrum", erklärt sie.

 

Die Ziele für Paris möchte sie sich so kurz nach der WM offenlassen. Siesagt: "Jeder möchte Medaillen holen und im Endeffekt habe ich einenTitel zu verteidigen. Aber ich möchte mir gar nicht so den Stress  machenund die Spiele in Paris auch ein bisschen genießen."

 

Das geht, das weiß auch Hiltrop, ziemlich sicher auch ohne deutscheFlagge bei der Eröffnungs- oder Schlussfeier.